Seit Jahren steht der angespannte Wohnungsmarkt im Brennpunkt des öffentlichen Interesses. Insgesamt fünf Wohninitiativen beschäftigen derzeit die kantonale Politik. Der Kantonsrat hat kürzlich die Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen im Kanton Zürich» behandelt und lehnt sie ab. Die Initiative fordert, dass Gemeinden unter bestimmten Bedingungen ein Vorkaufsrecht für Grundstücke vorsehen können, um so den gemeinnützigen Wohnungsbau besser fördern zu können. Ein Vorkaufsrecht löst das Grundproblem einer schleppenden Bautätigkeit nicht. Wie mit einem solchen in den Gemeinden mehr und vor allem billigere Wohnungen entstehen sollen, ist schleierhaft. Viel mehr werden die letzten Bauwilligen vergrault. Bei einer Annahme der Initiative würden wir die Wohnungsnot, die wir eigentlich lösen wollen, nur verschärfen. Der Anreiz für neue Projekte würde gedämpft, wenn Gemeinden durch das Ausüben des Vorkaufsrechts den Erwerb von Grundstücken verzögern oder verhindern könnten. Gemeinden mit Vorkaufsrecht laufen Gefahr, dass sich Investoren aufgrund von rechtlichen und wirtschaftlichen Unsicherheiten zurückziehen, was im Ergebnis zum Bau von noch weniger Wohnungen führen würde.
Der Regierungsrat stellt der Initiative einen Gegenvorschlag entgegen, mit dem der Rahmenkredit der Wohnbauförderung auf 360 Millionen verdoppelt wird. Eine Minderheit aus dem Kantonsrat will einen weiteren Gegenvorschlag mit einem eingeschränkten Vorkaufsrecht, der allerdings klar abgelehnt worden ist. Die Initiative ist ebenfalls abgelehnt worden. Der Gegenvorschlag der Regierung hat eine Mehrheit erhalten. Über ihn wird erst nach der 2. Lesung Ende Juni definitiv abgestimmt.
Die FDP lehnt sowohl die Initiative als auch den kantonsrätlichen Gegenvorschlag mit eingeschränktem Vorkaufsrecht ab, unterstützt aber den Gegenvorschlag des Regierungsrates. Der kantonsrätliche Gegenvorschlag würde die Gemeinden zur Einführung eines Vorkaufsrechts ermächtigen. Dieses würde aber anders geregelt als mit der Volksinitiative gefordert. Namentlich würde das Vorkaufsrecht nur in Gemeinden mit ausgesprochener Wohnungsnot angewandt dürfen.
Um die Wohnungsknappheit wirksam angehen zu können, braucht es insgesamt nicht mehr, sondern weniger Regulierungen auf dem Zürcher Wohnungsmarkt. Neue Vorschriften wie ein Vorkaufsrecht durch die Gemeinden oder Massnahmen wie z.B. eine Bewilligungspflicht für Abbrüche, Umbauten, Renovationen und Zweckänderungen erschweren und verzögern die Bereitstellung von benötigtem Wohnraum unnötigerweise.
Dieter Kläy, Kantonsrat FDP