Obertor-Projekt – wenn Kostenmiete richtig teuer wird

Was einst mit einer Initiative für bezahlbaren Wohnraum im Obertor startete, endet mit teuren Kostenmieten für Wohn- und Gewerberäumen und hohen Investitionskosten, bezahlt durch die gesamte Bevölkerung. Das Beispiel zeigt exemplarisch, dass städtischer Wohnungsbau und Kostenmieten nicht gleichzusetzen sind mit günstigem Wohnraum.

Gemäss Idee der Initiative, welche im 2018 lanciert wurde, sollte im Obertor günstiger Gewerbe- und Wohnraum entstehen. Die Häuser, in welchen die Stadtpolizei untergebracht war, sollten im Besitz der Stadt bleiben und für die Realisierung im Baurecht an eine private Organisation abgegeben werden. Mit einem Gestaltungsplan über das ganze Gebiet war geplant, die Qualität der Stadtentwicklung an diesem zentralen Ort zu fördern. Doch bereits im 2022 wurde auf Antrag des Stadtrates beschlossen, auf einen Gestaltungsplan über das ganz Gebiet zu verzichten und vier separate Projekte mit unterschiedlichen Bauherren zu entwickeln, anstatt alles einem einzigen Baurechtsnehmer abzugeben. Und was präsentiert der Stadtrat heute?

Hohe Kostenmiete 
Im historisch wertvollen Haus zum Adler (Obertor 17) sollen 4,6 Mio. Franken investiert werden. Es sollen 720 m2 Bürofläche im sogenannten Edelrohbau entstehen und für Fr. 295/m2/Jahr abgegeben werden. Dies entspricht zwar der Kostenmiete (1), aber man muss lange suchen, bis man in der Innenstadt Büroräume findet, die annähernd gleich teuer sind. Noch gravierender sieht es bei den Häusern Obertor 11 und 13 aus. Dort sollen neu 9,6 Mio. Franken investiert werden, um lediglich sieben 2- bis 4-Zimmer-Wohnungen à 60 bis 108 m2 für rund 20 Personen sowie 243 m2 Ladenlokal (ein Ladenlokal inkl. Untergeschoss) zu schaffen. Auch bei den Wohnungen ist eine Kostenmiete vorgesehen. Doch auch diese liegt für die 2-bis 4-Zimmer-Wohnungen voraussichtlich zwischen Fr. 2‘000 und Fr. 3‘000 zuzüglich Fr. 220 bis Fr. 420 Nebenkosten pro Monat. Es entsteht Wohnraum für Gutverdienende.   

Bevölkerung finanziert Wohnraum für Privilegierte
Die Investitionskosten entsprechen etwa jenen für sieben Einfamilienhäuser. Für die Investitionskosten von total 10.34 Mio. Franken könnte man ausserhalb des Stadtzentrums etwa 3 x soviel Wohnraum schaffen und zu deutlich günstigeren Mieten abgeben. Begründet werden die sehr hohen Kosten vorwiegend mit dem Denkmalschutz. Die beiden Häuser Obertor 11 und 13 wurden im 1969 bereits total entkernt, um anstelle von Wohnraum Büroräume zu schaffen. Der Denkmalschutz dürfte sich somit maximal auf die noch bestehende Fassade beschränken. Nun sollen beide Liegenschaften nochmals grundüberholt werden, um aus Büroräumen wieder Wohnraum zu schaffen – zu sehr hohen Kosten. 

Da die Investitionskosten viel zu hoch sind, müssen gemäss Finanzhaushaltgesetz zudem 3,9 Mio. Franken (inkl. Obertor 17 sogar 5,8 Mio. Franken) direkt über die laufende Rechnung als Wertkorrektur abgeschrieben werden. Also finanziert die breite Bevölkerung Wohnungen für Privilegierte über ihre Steuern mit. Da das Stadtparlament beschlossen hat, dass die Gebäude nicht verkauft werden dürfen, wäre es vermessen zu sagen, man bilde hier stille Reserven.

Falscher Einsatz der knappen Finanzmittel
Mit den beiden städtischen Obertor-Projekten wird teurer Wohn- und Gewerberaum geschaffen, bei den Häusern 11 und 13 übertriebener Denkmalschutz betrieben und die ganze Bevölkerung muss dies mitfinanzieren. Aus Sicht der FDP-Fraktion werden die knappen finanziellen Mittel der Stadt hier völlig falsch eingesetzt. Wir lehnen deshalb beide Obertor-Vorlagen ab und werden uns gegen diese Ressourcenverschwendung engagieren.   

Romana Heuberger, Co-Fraktionspräsidentin FDP/Präsidentin Stadtbaukommission