Budget 2022: Ein taktisches Wahlkampfbudget, das enttäuscht

Beim Budget 2022 handelt es sich um ein Wahlkampfbudget, weil es in praktisch allen typischerweise strittigen Punkten deutlich gemässigter daherkommt als z.B. das letztjährige Budget: Keine Steuererhöhung, deutlich moderaterer Stellenaufbau als im letzten Jahr (rund 45 neue Stellen statt 80) etc.

Aufgeschoben ist aber leider nicht aufgehoben und deshalb wage ich die Prophezeiung, dass uns im nächsten Jahr wieder das bekannte Bild präsentiert werden wird: Ungebrochenes Stellen- und Kostenwachstum und Antrag auf Steuerfusserhöhung. Dies zumal nach wie vor kein Plan ersichtlich ist, wie der Stadtrat dem exponentiellen Kostenwachstum in den Bereichen Bildung, Soziales und Gesundheit begegnen will, der Finanz- und Aufgabenplan weiterhin tiefrot bleibt und auch Netto-Null 2040 irgendwie finanziert sein will.

Nun stellt sich die Frage, ob denn wenigstens das vorliegende Wahlkampfbudget - gerade weil es gemässigt scheint - ein einigermassen gutes Budget ist? Die Antwort ist ein klares Nein.

Um dies zu erkennen, muss man sich nur vor Augen halten, dass das Budget 2022 dank Mehrleistungen des Kantons beim Finanzausgleich und bei der AHV/IV um mehr als CHF 26 Millionen entlastet wird. Und trotz dieser grosszügigen Geschenke schaffen wir lediglich eine rote Null. Woran liegt es? Der Haupttreiber ist die bereits genannte und seit Jahren bekannte Kostenexplosion im Bereich Bildung, Soziales und Gesundheit. Aber es sind nicht nur diese Hauptkostentreiber: Es gibt kaum eine Produktegruppe, bei der die Personal- und Sachkosten nicht steigen - es fehlt offenbar eine gesamtstädtische Führungsverantwortung. Ein besonderer Dorn im Auge sind hier die Kosten für externe Dienstleistungen und Beratungen, welche exorbitant steigen: Nämlich um satte CHF 7,6 Mio. über die gesamte Stadtverwaltung.

Es bleibt ein ernüchtertes Fazit – gerade auch im innerkantonalen Vergleich:

  • Wir bleiben nahe an der roten Laterne in Sachen Steuerfuss und auch betreffend Gebührenhöhe.
  • Wir tragen schon beinahe mit Stolz die rote Laterne in Sachen Verschuldung pro Einwohner.
  • Wir werden als Wirtschaftsstandort immer mehr in den Schatten gestellt und werden immer mehr zur Beamtenstadt.
  • Wir bleiben seit nunmehr über 4 Jahren eine überzeugende Antwort auf den tiefroten Finanz- und Aufgabenplan schuldig.
  • Wir treiben uns in eine immer grössere Abhängigkeit vom Finanzausgleich. Sollte es hier in Zukunft einmal weniger statt immer mehr Geld geben, dann haben wir ein gewaltiges Problem.

In diesem Sinne treiben wir weiterhin unentwegt auf den Eisberg zu und der Spielraum, um aus eigener Kraft ausweichen zu können, wird immer kleiner.

Urs Hofer, Fraktionspräsident FDP, Mitglied der Aufsichtskommission